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Der Hund als Helfer in der psychiatrischen Praxis

von Wolfgang Scharmann

Artikel " Ein Segen für Frau M." in der Zeitschrift

"Mein Hund" 2/2006, S. III.

 

Tiere können als Co-Theapeuten in der psychiatrischen Therapie einen wichtigen Beitrag leisten. Von einem solchen Fall soll im folgenden Bericht die Rede sein.

 

Frau M. ist eine schwer gestörte, chronisch psychisch kranke Frau, die viele Jahre in einer psychiatrischen Klinik zubringen musste. Um ihr die Chance zu geben, ein Leben außerhalb der Anstalt zu führen, übernahm eine gemeinnützige Einrichtung für die Betreuung psychisch Kranker (Pinel GmH) die Betreuung der Frau M. im Rahmen des betreuten Wohnens. Ein Team von Helfern wurde gebildet, das sich rund um die Uhr um die Kranke kümmerte.

Zu Beginn der Betreuung zeigte Frau M. schwere Kontakt- und Verhaltensstörungen – sie konnte einerseits stundenlang stumm im Sessel sitzen, ohne von den Anwesenden Notiz zu nehmen, um dann andererseits in heftige Aggressionen auszubrechen und die Betreuer tätlich anzugreifen. Zudem bot Frau M. einen ungepflegten Eindruck, wusch sich nicht und ihr Zimmer war wegen ihrer Urininkontinenz von abstoßendem Geruch erfüllt.

Durch die einfühlsame, geduldige Begleitung des Pinel-Teams nahmen die starken Spannungen allmählich ab und der Allgemeinzustand besserte sich.

In dieser Situation schloss sich Frau Ute I. vom Verein „Leben mit Tieren“ mit ihrer Hündin Carrie dem Team an. Carrie ist ein Staffordshire-Bullterrier-Mischling, der zu den sog. Kampfhunden gerechnet wird, aber wie alle Besuchshunde des Vereins auf seine Verträglichkeit und Tauglichkeit für diesen Dienst getestet wurde. Frau M. nahm von dem sehr temperamentvollen und zugewandten Hund zunächst wenig Notiz, wenngleich sich dieser immer wieder unbefangen und freudig der Kranken näherte. Auch wenn manchmal starke Spannungen zwischen Frau M. und Carrie sowie seiner Besitzerin auftraten, kam es – anders als bei den Pinel-Mitarbeitern – niemals zu tätlichen Auseinandersetzungen. Schließlich begann eines Tages Frau M. Carrie zu füttern, anfangs nicht direkt, dann aber immer häufiger auch aus der Hand. Sie ließ es zu, dass Carrie

ihr lange und ausgiebig das Gesicht ableckte, fing dann auch an, den Hund zu streicheln, zu umarmen und mit ihm zu sprechen.

Die Beachtung, die zunächst nur dem Hund gegolten hatte, ging schließlich auch auf eine Besitzerin über und mit der Zeit

entwickelte sich daraus eine feste, wenn auch nicht immer ungetrübte Beziehung.

Heute macht Frau M. mit Ute I. und ihrer Carrie gemeinsame Spaziergänge, besuchten die Fifi-Parade oder fahren mit dem Auto an den Stadtrand, um Carrie auszuführen.

Als Ute I. wegen einer Erkrankung ihren Besuch absagen musste,

rief Frau M. bei ihr an – ein solches soziales Verhalten wäre noch ein Jahr zuvor von allen Beteiligten für kaum denkbar gehalten worden. Das Befinden von Frau M. ist auch jetzt noch etlichen Stimmungs-Schwankungen unterworfen, hat sich aber so weit gefestigt,

dass die anfängliche intensive Betreuung durch das Pinel-Team auf stundenweise Besuche reduziert werden konnte.

Es steht außer Frage, dass an der Besserung des Gesundheitszustandes von Frau M. der Hund und seine

Halterin Ute I. einen erheblichen Anteil haben. Die Hemmschwelle

von Behinderten und psychisch Kranken ist gegenüber Tieren viel niedriger als gegenüber Menschen.

Kontakte zu Tieren sind einfacher und unkomplizierter. Tiere werden als „ehrlich“, unvoreingenommen und unverfälscht erlebt, deren Zuwendung man trauen darf, was auf Menschen nicht immer zutrifft. Im beschriebenen Fall erwies sich die temperamentvolle, muntere und unermüdliche Carrie als besonders geeignete Co-Therapeutin, da sie immer wieder von sich aus unbefangen Kontakt zur Kranken aufnahm.

Und diese konnte beim Füttern ihrerseits die Erfahrung machen,

auch einmal „geben“ zu dürfen, statt immer nur „nehmen“

zu müssen.

 

Abschließend soll noch betont werden, dass die heilsame Wirkung der Hundebesuche ohne die unverdrossene Geduld von Ute I. nicht denkbar gewesen wäre. Ihr Hund bildete die „Brücke“, mit deren Hilfe sich eine Beziehung zwischen der Kranken und der Besucherin

aufbauen konnte. Und sicherlich war dies auch von Vorteil für einen spannungsfreieren Umgang mit anderen Menschen..

 

 


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