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Sensible Seelentröster
Eltern sollten mit ihren Kindern das passende Tier aussuchen
von Angelika Prauß

 

für www.tiergestuetzte-therapie.de, 2004

 

Haustiere haben nachweislich einen positiven Einfluss auf Menschen und fördern besonders die emotionale und intellektuelle Entwicklung von Kindern. Viele Jungen und Mädchen wünschen sich ohnehin nichts sehnlicher als einen Hund, eine Katze oder ein Kaninchen. Experten empfehlen Familien indes, die Anschaffung eines tierischen Hausgenossen gut zu überlegen.

"Heimtiere werden von Kindern heiß geliebt, aber oft falsch gehalten", beobachtet die Bremer Biologin Dagmar Kleist. Kinder und Eltern wüssten oft zu wenig über die Bedürfnisse des Tieres, so dass es sogar unbeabsichtigt zu Tierquälerei kommen könne.
Beengt und allein gehaltene Nager und Vögel vegetieren nach Beobachtung von Kleist schnell in ihren Behausungen vor sich hin- und werden dadurch für den Nachwuchs bald langweilig. Dies habe nicht nur für die Tiere fatale Folgen: "Das Kind erlebt einen Misserfolg, ist frustriert und bekommt vielleicht noch Vorwürfe von seinen enttäuschten Eltern zu hören."

Je mehr die Kinder über den neuen Mitbewohner wissen, desto eher werde aus der ersten Begeisterung eine "tiefe Freundschaft". Deshalb sollten sich Familien ausgiebig über den künftigen Hausgenossen informieren - nicht nur über artgerechte Unterbringung und Pflege, sondern auch über die Sinnesleistungen, das Verhalten und die Sprache der Tiere. Dann werde schnell klar, dass etwa kleine Nager auf Grund der aufwändigen Pflege alles andere als "Einsteigertiere" seien.
Kaninchen, Meerschweinchen und Sittiche seien zudem Gruppentiere, die nie allein gehalten werden sollten - schon gar nicht aus dem "egoistischen Motiv, damit sich das Tier mehr auf den Menschen konzentriert". Gänzlich ungeeignet seien Hamster, weil sie nachtaktiv sind. Unterschätzt werde oft auch der Platzbedarf, so die Biologin. Statt einem Käfig empfiehlt Kleist etwa ein geräumiges, nach oben offenes Nagerdomizil, das verschiedene Ebenen zum Klettern und Verstecke mit Rückzugsmöglichkeiten umfasst. Diese Behausung zu gestalten und Leckereien etwa an selbst gebastelten Gestellen zu verstecken, bereite Heranwachsenden sehr viel Spaß. Positiver Nebeneffekt: "Wenn sich die Tiere wohlfühlen, sind sie aktiver - und damit interessanter für die Kinder."

Auch Sachbuchautorin Claudia Ludwig, die die Fernsehsendung "Tiere suchen ein Zuhause moderiert, rät eher zu Hund oder Katze als zu Kleintieren. Diese scheinbar so pflegeleicht erscheinenden Käfigtiere oder Fische seien aus Sicht eines Kindes "meist nur ein Ersatz für den ersehnten Hund, die Katze oder gar das Pony". Selbst bei liebevoller Pflege führe ein Käfigtier "nie ein wirklich artgerechtes Leben". Ludwig kennt die traurige Realität in vielen Kinderzimmern: Millionen von Tieren fristeten dort in meinst viel zu kleinen Behausungen ein erbärmliches Dasein - "stumm, traurig und völlig unbeachtet". Ludwig: "Sie können sich nicht wehren, sie können nicht einmal schreien oder jaulen wie es eine Katze, die sich langweilt, oder ein Hund, der sich einsam fühlt, tun würden." Die Journalistin kritisiert die "oft mangelhafte Beratung in vielen Zoogeschäften", nach dem Motto:
"Hauptsache, die Kasse klingelt". Ähnlich sieht das Biologin Kleist.
Haustiere kosteten im Fachhandel zudem kaum etwas - und würden entsprechend wertlos behandelt: "Mit einem teueren Reitpferd geht man anders um als mit einem billigen Kaninchen."

 

Geborgenheit
Auch der Bonner Psychologe Reinhold Bergler rät Eltern von einem unüberlegten Tierkauf ab. Letztlich behielten sie die Verantwortung für das Wohl des Tieres, das dem Kind "nicht einfach überlassen" werden dürfe. Tiere sollten auch nicht als Mittel gegen die Einsamkeit - immerhin müssen etwa sieben Millionen Kinder tagsüber allein zurecht kommen - missbraucht werden. "Ein Tier ist kein Ersatz für Geborgenheit zu Hause", gibt Bergler zu bedenken.
Gleichwohl räumt er ein, dass Scheidungskinder mit Haustieren die Trennung ihrer Eltern besser
verkraften. Dies habe eine Studie ergeben, an der Bergler mitwirkte. Das Ergebnis einer weiteren Untersuchung: Großstadtjugendliche, die einen Hund haben und aus gestörten Familien stammen, spüren mehr Lebensfreude und sind weniger gefährdet, kriminell oder drogenabhängig zu werden.

Die Beziehung zu Tieren hat laut Bergler eine "ausgleichende und präventive Funktion".
Nicht selten entpuppen sie sich als wahre Seelentröster, wie eine Befragung von Heranwachsenden ergab. Für viele war das Tier der "beste Freund". Nicht wenige bestätigten den Satz:
"Ein Hund kann nie so böse sein wie ein Mensch." Für Bergler übernimmt ein Vierbeiner auch eine wichtige Erziehungsfunktion und sei somit "ein Lehrer ohne Zeigefinger": Kinder lernen durch den Umgang mit Tieren, Verantwortung zu übernehmen. Zudem reagieren sie sensibler auf nonverbale Äußerungen, was auch die menschliche Kommunikation fördert.

Marion Steinbach vom Deutschen Tierschutzbund hält Hunde für ideale Familientiere. Sie empfiehlt vor allem größere Rassen, weil sie in ihrem Verhalten eindeutiger seien und Kinder sie deshalb besser einschätzen könnten. Und ein Hund nehme es selten krumm, wenn er einmal etwas unsanft angefasst werde. Ganz anders sei dies bei Meerschweinchen oder Kaninchen. Anders als Hunde und Katzen erstarren sie bei Angst statt sich dagegen zu wehren. Zudem seien Nagetiere mit ihrer geringen Größe "sehr empfindlich", wenn ungelenke Kinderhände sie unsanft anpacken.

 

Kein Spielzeug
Eltern müssen ihren Sprösslingen vermitteln, dass ein Tier kein Spielzeug ist, sondern "ein Lebewesen, das - wie ein Kind - auch Schmerzen empfindet und eigene Bedürfnisse hat", so Steinbach. Deshalb sollten Tiere erst dann angeschafft werden, wenn das Kind dies begreifen kann - also ab dem Grundschulalter. Doch auch dann spielten die Eltern bei der Tierhaltung eine "ganz, ganz große Rolle". Schließlich bleibt bei ihnen laut Steinbach zumindest einen Teil der Arbeit hängen - etwa Käfigreinigung oder Tierarztbesuche. Deshalb sollten auch die Eltern "hundertprozentig" hinter dem Tierwunsch des Nachwuchses stehen, statt sich "breitschlagen" zu lassen.

Fantasie ist indes gefragt, wenn die Haltung eigener Tiere nicht möglich ist, etwa weil der Vermieter dies untersagt oder ein Familienmitglied allergisch auf bestimmte Tierhaare reagiert. Um dennoch Tierkontakte zu ermöglichen, rät Steinbach zu Besuchen im Tierheim. Dort gibt es zum Beispiel viele Hunde, die sich über Spaziergänge in der freien Natur und Streicheleinheiten tierisch freuen.

 

Journalistin - KNA-Redakteurin;
Die Autorin ist ausgebildet in "Tiergestützter Therapie / Pädagogik" am Institut "Soziales Lernen mit Tieren"

 

 


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